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Jochen Pleines

Porträt von Jochen PleinesDr. Jochen Pleines

 

Alter: 72 Jahre
Auslandserfahrung: im Studium: Groß-Britannien, Frankreich
beruflich: Frankreich (2 Jahre), Tunesien (½ Jahr), Marokko (4 ½ Jahre), Jordanien (5 Jahre), China, Japan, Russland, Ägypten
Beruf: Hochschuldozent, Geschäftsführender Direktor des Landesspracheninstituts Bochum, Associate Professor
aktuell: im Ruhestand

 

Seit meiner Kindheit ist mir bewusst, dass meine eigene Familie einen deutlichen Migrationshintergrund hat: aus Frankreich geflohene Hugenotten, die auf dem Wege zum eigentlichen Ziel Amerika hängengeblieben sind am Niederrhein bei Kleve. Hinzu kommt eine Großmutter, die es im Ersten Weltkrieg als Wirtschaftsflüchtling aus Ostpreußen an den Niederrhein verschlagen hatte.

In den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts erlebte ich als Kind die Flüchtlingssituation vieler Menschen, die aus dem Osten Deutschlands und aus anderen Ländern Osteuropas in meinem Lebensumfeld strandeten.

In den 70er Jahren hatten wir intensiven persönlichen Kontakt zu Familien, Kolleg*innen und Künstler*innen, die vor dem Bürgerkrieg in Chile geflohen waren.

In den vergangenen 5 Jahren war ich durch meine Tätigkeit an einer Universität in Jordanien so gut wie täglich mit dem Thema „Flucht“ befasst. Als Dekan konnte ich mitwirken beim Aufbau einer Abteilung „Soziale Arbeit für Geflüchtete und Migranten“. Dieser Studiengang – zunächst als Master, demnächst auch auf Bachelor-Ebene – ist in enger Zusammenarbeit zwischen deutschen und jordanischen Expertinnen und Experten entstanden. Gerade vor dem Hintergrund, dass Jordanien seit Jahrzehnten Zufluchtsort für Palästinenser*innen, Iraker*innen und Jemenit*innen ist und seit 2011 rund 1,3 Millionen Geflüchtete aus dem Nachbarland Syrien aufgenommen hat, ist dieses Projekt zur Professionalisierung der Sozialarbeit ein wichtiger Schritt nicht nur für Jordanien, sondern für den gesamten Nahen Osten.

Seit einem Jahr engagiere ich mich in Sprockhövel, indem ich Geflüchtete dabei unterstütze, sich gezielt auf die Deutsch-Sprachprüfungen vorzubereiten.

Das Beispiel Sprockhövels zeigt m. E. sehr deutlich, dass ein gedeihliches Miteinander möglich ist, wenn die Bereitschaft zum Engagement und zur Unterstützung von Geflüchteten erkannt wird und diesem Engagement auch die erforderlichen Strukturen und Mittel an die Hand gegeben werden. Von nix kommt nix!

Es ist beruhigend zu sehen, dass in vielen Fällen ein respektvolles und aktives Miteinander möglich ist. Ich würde mir wünschen, dass noch viel mehr Anwohner*innen aus Sprockhövel mitbekommen, was für interessante, erfahrene und beeindruckende Menschen wir unter dem Sammelbegriff „Flüchtlinge“ in unserer Stadt beherbergen. Da gibt es noch unendlich viel für jede und jeden von uns zu entdecken!

Ich hoffe sehr, dass es auch künftig zu weiteren Begegnungen kommt im kulturellen, kirchlichen, sportlichen und gerade auch im beruflichen Bereich. Hilfreich könnte die Erkenntnis sein, dass auch viele von uns, auch die, die schon länger hier zu Hause sind, einen sog. Migrationshintergrund haben. Es lohnt sich, mal genauer in die eigene Familiengeschichte zu schauen!