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Akbar Zoirov

Porträt von Akbar Zoirov, Zimmermann, HochformatAkbar Zoirov

 

Alter: 28
Herkunft: Tadschikistan
Gelernte Tätigkeit/Beruf:
– im Heimatland begonnenes Jurastudium (4 Semester, ohne Abschluss),
– in Deutschland: Ausbildung zum Zimmermann (2016-2019) mit Gesellenbrief
Aktuelle Tätigkeit/Beruf: Zimmermann

 

In Deutschland sind mir viele höfliche und intelligente Leute begegnet. Auch wenn man jemandem erst ein- oder zweimal begegnet ist auf der Straße, wird man meist mit einem Lächeln begrüßt. Ich nehme weniger Aggressivität wahr unter den Leuten, als in manch anderen Ländern. Was mir besonders gut gefällt ist, dass Lügen hier „kurze Beine“ haben. Ehrlichkeit wird geschätzt und die Leute sind direkter. Wenn man jemandem offen und ehrlich begegnet, bekommt man das in der Regel auch genau so zurück. Ich habe beispielsweise bei eBay-Kleinanzeigen einmal ein Messerset für die Küche kaufen wollen. Ich habe eine „richtige“ Anfrage wie in einem formellen Brief geschrieben und auch den Zuschlag erhalten. Als ich das Messerset abgeholt habe, hat mich die vormalige Besitzerin zum Tee bzw. Kaffee eingeladen und mir nochmal gesagt, wie toll sie es fände, dass ich so eine ordentliche Anfrage gestellt hätte. Sie habe so viel Erfahrung mit anderen Käufern, die meistens noch nicht einmal „hallo“ schreiben, da musste sie mich direkt auf einen Tee einladen 😊. Auch gut gefällt mir, dass hier auf die Ernährung geachtet wird und es viele Sportmöglichkeiten gibt.

Was mir nicht so gut gefällt ist, dass man für gute Schriftsprache gelobt wird. Kaum, dass man aber vor Ort persönlich, z.B. bei einer Behörde vorspricht – und das mit Akzent –, wird man häufiger schnell abgewimmelt und doch anders behandelt als Einheimische. Grundsätzlich, das sehen einige Deutsche wahrscheinlich genauso, gibt es etwas sehr viel Bürokratie hier – zu viel, für meinen Geschmack.

Sprockhövel ist eine schöne kleine Stadt, ruhig, mit gutem Wetter. Wenn man hier auf der Straße geht, habe ich das Gefühl, jeden zu kennen. In einer Großstadt begegnet man vielen Leuten, aber man nimmt sich gar nicht gegenseitig richtig wahr. Hier ist es nicht so anonym. Ich konnte schnell einen ehrenamtlichen Sprachkurs bei Ulla und Hans von der Flüchtlingshilfe besuchen, später dann bei Miriam. Außerdem war ich bei einem Tag der offenen Tür der freiwilligen Feuerwehr in Sprockhövel. Mir gefällt die freiwillige Feuerwehr in Sprockhövel sehr gut. Daher habe ich dann dort mitgemacht und viele Leute kennengelernt, Schulungen besucht und auch Prüfungen absolviert. Zweimal wurde ich befördert. Marc S. hat mir dabei sehr geholfen. Außerdem hatte ich Hilfe von meiner Patin Birgit, die auch bei der Flüchtlingshilfe aktiv ist. Schon bei meinem zweiten Praktikum konnte ich eine Ausbildung beginnen, zunächst als Ausbaufacharbeiter und dann weiter zum Zimmermann. Das hat mir hier gute Perspektiven für die Zukunft ermöglicht.

Im Privaten wünsche ich mir ein schönes Familienleben und eine glückliche Partnerschaft, in der wir stets miteinander gut kommunizieren. Priorität Nummer eins im Beruflichen ist es, die Meisterschule im Zimmereihandwerk erfolgreich zu absolvieren. Zweite Priorität ist es, künftig selbstständig zu arbeiten und dann vielleicht ein Haus oder eine Eigentumswohnung für meine Familie und mich zu kaufen.

Ich glaube, wenn man seine Zeit sinnvoll einsetzt, dann erzielt man auch gute Ergebnisse.

Manche Leute kommen hierher und ändern an ihrer Lebensweise nichts. Sie halten Abstand zu den Deutschen und bleiben gern unter sich. Sie möchten keinerlei Anpassungsleistung kultureller Art vornehmen. Ich würde mir von diesen Leuten wünschen, dass sie offener werden und sich stärker in die deutsche Gesellschaft einbringen. Das Gleiche gilt für die Deutschen. Sie sollten auch stärker auf die Neuzugewanderten zugehen und ihnen dabei helfen, den Prozess zu meistern, hier in der Mitte der Gesellschaft anzukommen. Wenn man aus einer völlig anderen Kultur mit einem völlig anderen Leben kommt, dann ist es schwer, von heute auf morgen alles anders zu machen. Man muss seine Identität bewahren, aber trotzdem Teil von etwas Neuem werden. Die Einheimischen können dabei unterstützen und den Prozess beschleunigen.

Ich bin im Repair Café der Flüchtlingshilfe Sprockhövel ehrenamtlich aktiv – in der Fahrradwerkstatt. Außerdem helfe ich Landsleuten bei Bewerbungsschreiben und unterstütze sie bei der Arbeitssuche. Darüber hinaus unterstütze ich andere Geflüchtete – aber auch Deutsche – bei Möbeltransporten und beim Möbelaufbau, vor allem bei Küchen. Ich würde noch mehr helfen, aber im Moment hat es für mich höchste Priorität, mein Deutsch noch weiter zu verbessern, weshalb ich nach meiner Arbeit noch zum Deutschkurs gehe und daher nicht mehr ganz so viel Zeit für ehrenamtliche Arbeit bleibt. Die Arbeit bei der freiwilligen Feuerwehr musste ich leider daher erstmal ruhen lassen.